Boris Kremer bei der Eröffnungsrede am 1. November 2002
im Haus der Brandenburgisch-Preussischen Geschichte, Kutschstall, Am Neuen Markt, Potsdam


Zu Beginn der Zusammenarbeit zwischen dem Institut für Klimafolgeforschung ( PIK) und dem aus Hamburg stammenden Künstler Tilman Küntzel rückte die Klimafolgeforschung unverhofft ins Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Die Hochwasserkatastrophen letzten Sommers sind zweifelsohne noch allen unmittelbar wie auch mittelbar Betroffenen frisch im Gedächtnis. Die zahlreichen Forscher, die man allenthalben für die extremen, unnatürlich anmutenden Klimaschwankungen um Erklärungen bemühte, taten ihr Bestes, um dem gemeinen Fernsehvolk die komplexen Bezüglichkeiten des Weltklimas näher zu bringen. Nichtsdestotrotz fühlen sich viele von uns von den Ereignissen überholt: Nicht wenige möchten, in Einklang mit einem heuer verstärkt zu verspürenden Hang zu einer fatalistischen Weltsicht, in den kataklytischen Ausbrüchen die unmittelbare Folge zivilisatorischer Auswüchse sehen. Solchen und ähnlich vereinfachenden Ansichten setzt Tilman Küntzels Installation die Veranschaulichung der weltweiten Vernetzung klimatologischer Phänomene entgegen - die nicht mehr von bedeutenden soziologischen und ökonomischen Begebenheiten loszudenken sind. Anhand eines uns allen vertrauten didaktischen Hilfsmittels - einem Erdglobus - zeigen die von der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe des PIK zusammengetragenen Daten die Vernetzung verschiedener, für das Weltklima als relevant identifizierter Klima-Syndrome. Durch seine haptische Darstellung verzichtet Küntzels Arbeit bewusst auf eine rein didaktisch-informative Darstellung. Vielmehr versucht sie, auf physisch direkte Art und Weise den BesucherInnen den immanenten Einfluss jedes Einzelnen auf das Geschehen auf der Erde zu vermitteln. So verdeutlicht Küntzels Skulptur fast spielerisch die von vielen als undurchdringlich empfundene Verknüpfung von individuellem Handeln und globalen Auswirkungen.

Boris Kremer, Kurator